Reife Frühwerke – Konzert des Dreiländerkammerorchester
01.09.2023, 20:00 Uhr
Frühwerke großer Komponisten begeistern immer wieder die Musikwissenschaft, erlauben sie doch einen tiefen Einblick ins Arbeitszimmer der Künstler und geben interessante Auskünfte über ihren Lernprozess und ihre Entwicklung. Zum Glück hat nicht jeder Komponist seine Frühwerke vernichtet, wie etwa Johannes Brahms.
Mit dem diesjährigen Programm am Freitag, den 1.9.23, 20.00 Uhr im Ballsaal, lenkt das Dreiländer Kammerorchester unter der Leitung von Hans-Josef Loevenich den Fokus auf solche Frühwerke von Leo Jusitinus Kauffmann, Josef Suk und Dimitri Schostakowitsch.
Leo Justinus Kauffmann (1901-1944) schrieb seine Introduktion und Serenade für Streichorchester als die Bearbeitung eines frühen Streichquartettsatzes. Er hatte Anfang der dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts in Köln und Düren gewirkt; in Düren leitete er den städtischen Chor und das städtische Orchester. Für letzteres hat er mutmaßlich dieses Werk geschrieben. Die zahlreichen Werke des Meisterschülers von H.Abendroth und Ph.Jarnach wurden nach 1933 von den Nationalsozialisten, kosovarische verboten. „Sein zweites Bühnenwerk – Das Perlenband – ist eine musikalische Kostbarkeit und zugleich das Muster eines neuen, gültigen Stiles der Kammeroper“ (Ph.Jarnach). Der frühe Tod beim Luftangriff auf Stuttgart 1944 beendete eine hoffnungsvolle Komponistenkarriere.
Josef Suk (1874-1935) schrieb seine Streicherserenade in Es-Dur, op.6, als 18-jähriger Student beim Hochschulprofessor und späteren Schwiegervater Antonin Dvorak. Unüberhörbar sind Anklänge an den großen Lehrer und Mentor. Dennoch zeigt Suk Ansätze eines Personalstiles, der die tschechische Nationalsprache weiterentwickelt, was ihn auf eine Ebene mit den tschechischen Komponistengrößen Leos Janacek und Borislaw Martinu zu Anfang den 20.Jahrhunderts hebt. Johannes Brahms schätzte die Serenade des 18-jährigen so sehr, dass er einer Veröffentlichung zustimmte.
Dimitri Schostakowitsch (1906-1975) schrieb sein 1.Klavierkonzert c-moll mit 26 Jahren. Einem reinen Streichorchester fügt er auch noch eine Solotrompete hinzu, so dass man es auch als Doppelkonzert für Trompete und Klavier bezeichnen kann. Diese Konzert verwendet zahlreiche Zitate und war zu seiner Zeit bahnbrechend. „Mit einer solch polyglotten Sammlung von Zitaten und Einflüssen hätte nur ein genialer Komponist diese Vielfalt zu einem zusammenhängenden Ganzen formen können. Das Wunder ist, dass Schostakowitsch Erfolg hatte und ein unverwechselbares und unzerstörbares Werk schuf“ (Robert Matthew-Walker). Der endgültige Durchbruch zu einer großen Komponistenkarriere!
Den Solopart des Klaviers übernimmt die vielfach ausgezeichnete junge Kosovarin Fatjona Maliqi, Meisterschülerin des auch hier sehr bekannten Münsteraner Hochschulprofessors Heribert Koch. Die Solotrompete bläst Simon Bales, stellvertretender Solotrompeter des Städt. Orchesters, Aachen.
Fatjona Maliqi
profiliert sich als Solistin mit einer Vorliebe für ungewöhnlich anspruchsvolle Programme und beeindruckt dabei „mit Eindringlichkeit und Finesse“ (Piano News). Besondere Anerkennung erwarb sie in jüngster Zeit für ihre Darbietung der Goldberg-Variationen von J. S. Bach, die sie spielt „als wäre alles ganz einfach“ (Bonner Generalanzeiger). Beim renommierten 7. International Rosalyn Tureck Bach Competition in New York wurde sie als Finalistin für ihre Interpretation der Goldberg-Variationen ausgezeichnet. Ihr kürzliches Gastspiel im Deutschen Generalkonsulat in Karachi (Pakistan) fand ein begeistertes Echo und die landesweit erscheinende Tageszeitung „Dawn“ schrieb von der „delightful combination of heart and mind“, die ihr Bach-Spiel auszeichne.
Die aus dem Kosovo stammende Pianistin, die bereits als Jugendliche zahlreiche Preise erringen konnte, ist neben internationalen Konzerten mit diversen Soloprogrammen regelmäßig als Solistin in Klavierkonzerten von Beethoven, Chopin, Grieg, Rachmaninow Saint-Saens und Gershwin sowie als Kammermusikerin in verschiedenen Besetzungen zu hören. Als Kammermusikerin wurde sie beim Hochschulwettbewerb der Musikhochschule Münster, an der sie in der Klasse von Prof. Heribert Koch ausgebildet wird, mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Im Jubiläumsjahr 2020 wurde sie eingeladen, Beethovens größtes Klavierwerk, die Diabelli-Variationen op. 120, u.a. im Rahmen des 42. Internationalen Kongresses der EPTA (European Piano Teachers Association) zu spielen. In einem Live-Mitschnitt in der Reihe „WDR3 Campus-Konzerte“, in der die besten Studierenden der Musikhochschulen in NRW präsentiert werden, trug sie das monumentale Werk auf einem historischen Flügel von Conrad Graf (Sammlung Beetz) vor, der auch Beethovens letztes Instrument erbaute. 2022 wurde sie erneut für die Mitwirkung in einem „WDR3 Campus-Konzert“ ausgewählt – diesmal als Kammermusikerin, zusammen mit ihrem Duopartner Nicklas Erpenbach (Violoncello).
Der Komponist Ulrich Schultheiss widmete ihr seine Komposition „Escapade“ für Klavier solo.
Foto: Veranstalter